Kapitel 08 : bewegende Worte

 

Rabulistik

„Welch’ Geheimnis ist ein Kind
Gott ist auch ein Kind gewesen.
Weil wir Kinder Gottes sind,
kam ein Kind, uns zu erlösen”.

Als Brentano dies Geheimnis schrieb:
Da kannte er die Greta nicht,
er hatte alles Gute lieb
und kannte kein Verzicht.

Schopenhauer sei Dank,
seine Dialektik ist nun eine feste Bank!
Denn jetzt gilt’s den Jungen wie den Alten:
Auf alle Fälle Recht behalten!

Haben wir Alten etwas falsch gemacht ?
Natürlich nicht, wär doch gelacht.
Die Jugend treibt ein falsches Spiel
Sie glaubt nicht uns, sondern diesen Anderen viel zu viel.

Es wird provoziert, detailgetreu die Meinung ausgebreitet,
und damit dem Vergessen den Weg bereitet.
Doch: Zukunft und Vergangenheit sind nicht zu trennen,
auch wenn wir glauben, dies zu können.

November 2019

Fragerunde

Im Altersheim

Verwirrt war sie
und sehr betagt
die ständig uns gefragt
ums Kind was in dem Kinderwagen lag:
„Bübschen oder Mädschen?”
worauf wir pflichtgemäß gesagt:
„Ei Mädschen iss es!”
was ja richtig war.
Doch quälte sie uns immer wieder neu
mit dieser Frage
die Antwort war in dieser Lage
„Ei Mädschen iss es!”
Denn, der Fragen Wiederholung hätte nicht gestoppt
Wenn wir mit „Bübschen” es getoppt!

Oktober 2018

Schanghaien

Früher machte man, in bösen Speluken
kräftige Männer betrunken,
um, aufwachend , an Bord eines Schiffes
bis nach Schanghai in China und noch weiter zu segeln
und darüberhinaus
niemals zu sehen das eigene Haus,
wo möglicherweise Frau und Kind
am verzweifeln sind,
Schanghaien nannte man dies in früherer Zeit.
Heute ist California nicht ganz so weit,
wo die Onlinekraken dieser Welt
glauben, dass ihre Macht die gesamte Menschheit ,
auf ihrem Boot sitzend ,zusammenhält.

April 2020

Sich selbst genügen

Sich selbst genügen,
bei sich sein,
da schwören viele Stein und Bein,
das sei das Höchste der Vergnügen.

Doch Gespräche führen mit den andern,
vielleicht auch mal gemeinsam wandern,
Neugier leben, um alles auf der Welt,
das ist, was mir gefällt.

Sich selbst genügen,
ist mein Vergnügen?

Da müsst ich lügen! 

Juli 2022

Vom Glück 

Erkenne das Glück, 
wenn auch in weiter Ferne,
doch kommt es näher, 
erschauest du es gerne.

Glück ist die Seligkeit, die dich erfasst
auf Engelsschwingen, die du dann hast,
gefühlt der Zeit geschuldet,
die du verbringst  im Augenblick.

Nimm das Glück, genieße es, 
es kehrt nicht oft zurück.
Und wenn, ists noch in weiter Ferne,
doch kommt es näher.
dann erschauest du es gerne.

Und dieser Satz macht mich immer ganz benommen:
und der ist wahr:
Glücklich ist, wer das Glück hat, Glück zu bekommen.

Jedoch; das Gegenstück zu Glück ist Pech, 
was wir bedauernd sagen.
Es kommt als Zwillingskind daher, 
will uns belauern
und dem Glück ein Schnippchen schlagen.

Das merken wir an manchen Tagen,
wenn wir nicht wissen, 
wie Glück und Pech zusammenkamen.

Glück kann aber auch bedeuten, die richtigen Worte zu finden.

September 2023

                              Nachtwache

Ich liege im Bett und schlafe ein

Da weckt mich sanft ein Lichterschein.
von meinem Nebenmann,
Im Bett von nebenan.

Oder, wie sagt man, ganz genau:
von der Nebenfrau
Jedoch ist Nebenfrau die Frau von nebenan,
Oder auch des Großsultan.
Und damit Tabu! 

Also bleibst nur DU,
die dort ein Buch gezückt und schaut dort rein.

Mehr fällt mir dazu nicht mehr ein. 

September 2025

 

Gießkannenblues

Da hängen wir jetzt und warten,
den ersten Wasserstrahl zu gießen,
in diesem Garten
wo auf vielen Gräbern Blumen sprießen,
die wir umsorgen nun mit Wasser,
des Lebens Quelle.

Drum lieber Mensch, der du den Garten
jetzt betrittst, lass uns nicht länger warten. 
Schöpfe fleißig und mit Bedacht
das Wasser aus dem Becken in unseren Bauch,
dann sehen wir nun auch,
was geschehen, 
was wir gemacht.

Wenn die Pflanzen wachsen und gedeihen,
in des Morgens Helle,
zeigen sie uns an dieser Stelle,
das Leben beginnt doch immer wieder auf das Neue.

Doch ach, 
auch unser Leben ist nicht unendlich, 
wenn unsere grünen Hüllen jetzt verderben,
wenn wir brüchig und auch löchrig werden.

Dennoch, man kann uns nicht verwehren,
stets, auch in andrer Form und Farbe, 
an den Brunnen wieder hin zu kehren.

September 2025



(Auszug) Erschienen im Band “Lyrik vom Lande PUR 2”
© Copyright beim Autor Horst H. Kibbel, Schöneck/Hess.

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